Vorerbe und Nacherbe - Wer zuletzt kommt ...

Der Erblasser ist nicht gezwungen, unmittelbar einen endgültigen Erben zu bestimmen. Vielmehr hat er die Möglichkeit, im Rahmen der sogenannten Vor- und Nacherbschaft zunächst eine Person einzusetzen, die das Vermögen nach seinem Tode übernimmt, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt eine andere Person als endgültigen Erben (Nacherbe) einzusetzen.

Bestimmt der Erblasser einen Nacherben, so wird der vom Erblasser bestimmte Vorerbe zunächst auf Zeit alleiniger Inhaber des Nachlasses. Der Nacherbe tritt in der Regel zu einem späteren Zeitpunkt die Erbschaft als endgültiger Erbe an.

Der Erblasser muss natürlich den Zeitpunkt der Nacherbschaft testamentarisch selbst bestimmen. Hier sind unterschiedliche Zeitpunkte möglich.

Die häufigsten gewählten Formen sind:

  • bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (z. B. 31.12.2015)                             
  • bis zum Ableben des Vorerben                                                                
  • für eine bestimmte Zeit, gegebenenfalls bis zum Eintritt einer bestimmten Bedingung (z. B. Volljährigkeit, Heirat, Geburt etc.)                

Bei der Einsetzung einer Vor- und Nacherbschaft sollte der Erblasser mögliche Pflichtteilsrechte sowie steuerrechtliche Regelungen und Mehrbelastungen beachten.

Die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft hat zur Folge, dass der Vorerbe zwar mit allen Rechten und Pflichten in den Nachlass eintritt, jedoch ist er in seiner Verfügung über den Nachlass nicht gänzlich frei. Er erwirbt als eingesetzter Vorerbe alle Vermögensgegenstände aus dem Nachlass, jedoch hat er diese von seinem übrigen Vermögen streng zu trennen.

Bezüglich der Verfügungsmacht über den Nachlass hat der Gesetzgeber einen gewissen Schutz für den Nacherben geschaffen. Dem Vorerben ist es grundsätzlich nicht möglich, zum Nachteil des Nachlasses Verfügungen vorzunehmen, jedoch kann er in der Regel frei über die meisten Nachlassgegenstände verfügen sowie aus der Verwaltung des Nachlasses die Früchte und den Nutzen ziehen.

Der Vorerbe darf jedoch meist nicht ohne Zustimmung des Nacherbens über Grundstücke verfügen sowie aus dem Nachlass heraus umfangreiche Schenkungen vornehmen.

Hiervon kann aber der Vorerbe durch den Erblasser befreit werden. Der sogenannte 'befreite Vorerbe' hat das Recht ohne Zustimmung des Nacherben über Grundstücke zu verfügen und hat erheblich weitere Verwaltungsbefugnisse als der 'nichtbefreite Vorerbe'. Dies muss der Erblasser jedoch in seiner letztwilligen Verfügung ausdrücklich niederlegen.

Im Übrigen treffen den Vorerben Pflichten zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses. Hier kann er sich gegebenenfalls gegenüber dem Nacherben schadensersatzpflichtig machen.
Da der Vorerbe berechtigt ist, Nutzen aus dem Nachlass zu ziehen, ist er verpflichtet die gewöhnlichen Erhaltungskosten, insbesondere Renovierungsmaßnahmen, zu tragen. Bei höheren Aufwendungen, die die gewöhnlichen Erhaltungskosten übersteigen, darf der Vorerbe auf die Erbschaft zurückgreifen.

Der Nacherbe muss jedoch dem Vorerben bei seiner Handhabe über den Nachlass nicht tatenlos zusehen. Der Nacherbe hat die Möglichkeit, den Vorerben zu kontrollieren, insbesondere kann er den Vorerben auffordern, bei Eintritt des Erbfalls ein Register aufzustellen, in welchem der Zustand der Erbschaft und die darin befindlichen Sachen festgestellt werden. Insbesondere kann der Nacherbe ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände verlangen sowie Auskunft über den gesamten Erbschaftsbestand, wenn der Vorerbe die Rechte des Nacherben im Rahmen seiner Verwaltung erheblich verletzt.

Bei Eintritt des Nacherbfalls tritt der Nacherbe automatisch in das Vermögen des Erblassers ein. Der Vorerbe ist zur Herausgabe des Nachlasses verpflichtet.

Mit dem Nacherbfall hat der Vorerbe keine Möglichkeit mehr, über den Nachlass zu verfügen.







Stadler Dr. Müller
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