Pflichtteil = Enterbung; Was Nun?

Der Erblasser kann sich aussuchen, wen er als seinen Erben einsetzen möchte.

Er ist völlig frei darin, seine nahen Angehörigen oder entfernte Bekannte, Vereine oder soziale Einrichtungen als seine Erben zu bedenken. Dennoch kann der Erblasser seine nächsten Angehörigen nicht völlig vom Nachlass ausschließen.

Pflichtteilsberechtigte

Pflichtteilsberechtigt sind nach dem Gesetz die Abkömmlinge des Erblassers, das heißt seine Kinder, Enkel, Urenkel u. s. w., seine Eltern sowie der Ehe- bzw. Lebenspartner.

Bei den Abkömmlingen ist jedoch zu berücksichtigen, dass hier, wie bei der gesetzlichen Erbfolge, nur derjenige erben kann, der nicht durch den Höheren seines Stammes ausgeschlossen ist. Dies bedeutet, der Enkel des Erblassers ist nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn der Elternteil dieses Enkels, der unmittelbar mit dem Erblasser verwandt ist, bereits verstorben ist.

Enterbt ist jemand in der Regel dann, wenn dies ausdrücklich im Testament ausgesprochen wurde oder wenn der Erblasser sich auf die Erteilung des Pflichtteils beschränkt.

Zum Beispiel: "Mein Sohn A erhält nur den Pflichtteil."

Auch enterbt ist natürlich derjenige, der im Rahmen des Testaments überhaupt nicht berücksichtigt ist, insbesondere dann, wenn jemand anderes als Alleinerbe eingesetzt ist.

Nicht pflichtteilsberechtigt, selbst wenn dies oft vermutet wird, sind insbesondere die Geschwister des Erblassers. Auch deren Kinder (Neffen und Nichten des Erblassers) sind vom Pflichtteilsrecht nicht erfasst.

Der Pflichtteilsberechtigte ist nicht Erbe des Nachlasses. Er tritt nicht in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein, vielmehr ist der Pflichtteil ein Zahlungsanspruch gegen den Erben oder die Erbengemeinschaft. Der Pflichtteilsberechtigte kann diesen Anspruch gegen den Erben oder die Erbengemeinschaft geltend machen. Dieser Anspruch ist als reiner Geldanspruch zu sehen. Der Pflichtteilsanspruch entsteht mit dem Todesfall des Erblassers.

Im Rahmen einer Erbengemeinschaft ist der Pflichtteilsberechtigte nicht gezwungen, sich an alle Erben zu wenden. Er kann hier nach Belieben denjenigen in Anspruch nehmen, der voraussichtlich am ehesten in der Lage ist, die Zahlung zu erbringen. Dieser muss sich dann anteilig das Geld von den restlichen Erben wiederholen.

Höhe des Pflichteils

Um die Höhe seines Pflichtteils zu ermitteln, hat der Pflichtteilsberechtigte gegen die Erben einen Auskunftsanspruch über die Höhe des Nachlasses. Er kann gegenüber den Erben oder der Erbengemeinschaft ein Nachlassverzeichnis über die einzelnen Nachlassgegenstände verlangen. Die Kosten hierfür sind aus dem Nachlass zu begleichen.

Nach dem Gesetz bestimmt sich die Höhe des Pflichtteils aus der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Selbst wenn der Erblasser den Pflichtteilsberechtigten mit einem Erbe bedenken sollte, welches unterhalb der Höhe des Pflichtteils ist, so hat der Pflichtteilsberechtigte die Möglichkeit, die Differenz bis zum vollen Pflichtteil als Geldanspruch gegenüber seinen Miterben geltend zu machen.

Um den Pflichtteil berechnen zu können, bedarf es der Kenntnis über den Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls.

Von diesem Nachlass sind die Geldschulden des Erblassers abzuziehen. Sollte der Erblasser verheiratet gewesen sein, so ist an den Ehepartner der zu zahlende Zugewinn abzuziehen, Kosten des Todesfalls (Beerdigungskosten usw.) sind ebenfalls zum Abzug zu bringen, wie der sogenannte Voraus des noch lebenden Ehegatten im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge.

Nicht vom Nachlasswert abgezogen werden mögliche Vermächtnisse, Auflagen und die Erbschaftssteuer. Ansonsten bestünde ja die Möglichkeit, wenn der Erblasser sein gesamtes Vermögen durch Vermächtnisse verteilt, dass das Pflichtteilsrecht unterlaufen werden würde. Auch keine Berücksichtigung findet gegebenenfalls Übergangsunterhalt für Familienangehörige.

Pflichtteilsergänzungsanspruch

Meint der Erblasser nun die Höhe des Pflichtteils möglicherweise dadurch einschränken zu können, indem er seinen Nachlass noch zu Lebzeiten minimiert, so hat hier das Gesetz gewisse Schranken gesetzt. Insbesondere die Minimierung des Nachlasses durch großzügige Schenkungen des Erblassers an Menschen, die nicht mit ihm verwandt sind, können im Rahmen des sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruchs zurück zum Nachlass gerechnet werden und damit die Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten erhöhen.

Hier ist jedoch nicht jede Schenkung des Erblassers zu berücksichtigen. Lediglich die Schenkungen aus den letzten zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers werden so betrachtet, als gehören sie noch zur Erbmasse.

Allerdings sind diese Schenkungen nicht automatisch zu berücksichtigen. Vielmehr liegt hier der Handlungsbedarf beim Pflichtteilsberechtigten. Der Pflichtteilsberechtigte hat in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, gegenüber den Erben oder der Erbengemeinschaft Auskunft über die Schenkungen der letzten zehn Jahre zu verlangen. Gegebenenfalls sind diese verpflichtet, die Beschenkten selbstständig zu ermitteln, soweit diese nicht bekannt sein sollten.

Der Anspruch ist vom Pflichtteilsberechtigten gegenüber den Erben oder der Erbengemeinschaft geltend zu machen. Sollte allerdings vom Nachlass nichts mehr vorhanden sein, so hat der Pflichtteilsberechtigte sogar die Möglichkeit auf den Beschenkten zuzugehen und von diesem die Herausgabe des Geschenkes zu verlangen.

Pflichtteilsentziehung? Ausschluss zu 100 Prozent

In Ausnahmefällen besteht jedoch tatsächlich die Möglichkeit des gänzlichen Ausschlusses eines Pflichtteilsberechtigten. Hierzu bedarf es jedoch besonderer Gründe. Eine Pflichtteilsentziehung seitens der Abkömmlinge kommt allerdings nur in Betracht, wenn diese dem Erblasser, seinem Ehe- bzw. Lebenspartner oder einem seiner Abkömmlinge nach dem Leben trachten. Des Weiteren wenn der Abkömmling gegen den Erblasser oder seinen Ehe- bzw. Lebenspartner ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen begangen hat. Auch bei böswilliger Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht durch den Abkömmling kann der Pflichtteil entzogen werden. Gleiches gilt bei Misshandlung des Erblassers oder seines Ehe- bzw. Lebenspartners sowie bei „ehrlosem oder unsittlichem Lebenswandel“, welcher gegen den Willen des Erblassers geführt wird.

Da auch die Eltern pflichtteilsberechtigt sein können, besteht auch hier die Möglichkeit einer Pflichtteilsentziehung. Auch hier gilt der Entzug in den Fällen, in denen die Eltern oder der Elternteil dem Erblasser nach dem Leben trachten, ihm gegenüber ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen begehen sowie im Falle böswilliger Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht.

Ähnliche Entzugsgründe bestehen beim Ehe- bzw. Lebenspartner des Erblassers. Hier kann der Pflichtteil gänzlich ausgeschlossen werden, wenn diese den Erblasser vorsätzlich körperlich misshandeln, dem Erblasser oder einem seiner Abkömmlinge nach dem Leben trachten, dem Erblasser gegenüber ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen begehen oder böswillig die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser verletzen.

Bei Entziehung des Pflichtteils besteht kein Anspruch auf diesen gegenüber dem Erben oder der Erbengemeinschaft.

Die Entziehung muss wirksam durch den Erblasser im Rahmen der letztwilligen Verfügung erklärt werden. Er hat die betroffene Person eindeutig schriftlich zu bezeichnen. Die Pflichtteilsentziehung muss eindeutig und ausdrücklich angeordnet sein, insbesondere muss der Grund für die Pflichtteilsentziehung in der letztwilligen Verfügung angegeben werden.

Die Pflichtteilsentziehung kann jedoch dadurch wegfallen, dass der Erblasser im Laufe der Zeit dem Pflichtteilsberechtigten verzeiht. Dies muss nicht zwingend schriftlich festgelegt werden, jedoch hat der Pflichtteilsberechtigte die Verzeihung zu beweisen.







Stadler Dr. Müller
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